Preußische Finanzbeamte bei einem Gelage 1919 (c) www.zeitensprung.de
So, jetzt ist später. Wie im ersten Teil angekündigt, müssen wir auch über die dunkle Seite des Chaos sprechen. Es tut mir leid, aber es muss sein. Also. Gerade war mal wieder Steuerzeit. Viele meiner freelancenden Freunde stöhnten oder nahmen es als Vorwand die nächste Verabredung abzusagen: „Du, tut mir echt Leid, aber ich muss noch die Steuer machen“. Nicht, dass ich nicht selbst mal Umsatzsteuervoranmeldungen machen musste, auch wenn das schon eine Weile her ist, ich hab mich aber trotzdem immer gefragt. „Was meinen die denn bloß?“ Denn bei mir war das immer in 5 Minuten erledigt. Ohne Steuerberater. Und ohne tagwerk. Aber ich hatte auch ein sehr einfaches System: Ich hab nämlich einfach nichts von der Steuer abgesetzt. Fertig. Das Sammeln von Quittungen und Belegen war mir immer viel zu mühselig. Und es führt zu GROSSEN unsortierten Zettelhäufchen, die, wie bei einem guten Freund von mir, nicht nur den Schreibtisch, sondern auch ganze Zimmerböden okkupieren können, durch die man sich auf Zehenspitzen vorsichtig durchmanövrieren muss. „Die Steuer machen“, so fand ich schließlich heraus, heißt wohl, Myriarden von Quittungen und Belegen wiederfinden (oder gar erst ausdrucken), sortieren, zusammentackern und dem Steuerberater schicken. Und deswegen kann man nicht mir in die Kneipe gehen?! Also bitteschön. Aber natürlich, ich weiß nicht wie viele Unsummen ich dem Staat auf meine ignorante Art & Weise geschenkt habe. Aber, mein Gott, irgendwer muss doch für die ganzen Euro-Schutzschirme zahlen, wieso nicht ich? Wer also seine Quittungen und Belege nicht immer sofort mit der peinlichen Akribie eines preußischen Finanzbeamten sortiert, katalogisiert und abheftet, dem wird auch in Zukunft zu Ende eines Quartals der Kneipengang mit mir verwehrt bleiben.
Dabei fiel mir letztens ein, als ich so am Quartalsende alleine an einer Theke saß: Wieso gibt es eigentlich noch keine eQuittungen?! Wo doch sonst alles ver-ee-t wird heutzutage? Das stelle ich mir ganz praktisch vor: Ich kaufe meine Wochenration Heftklammern bei unserem geliebten Büromarkt Hansen, (N.B. der Szenetreffpunkt der kreativen Klasse in Hamburgs Schanzenviertel) und bezahle. Soweit alles ganz normal. Doch dann geht die Magic los: Meine Tagwerk-App verbindet sich per Bluetooth mit der Kasse des Büromarktes und bekommt eine eQuittung übermittelt. Cool. (Auch wenn ich dann die Heftklammern strenggenommen nicht mehr brauche.) Oder so: Abends beim Stammitaliener um die Ecke, nach der Pizza/Pasta-cum-Grappa-Schlacht mit der Freelancer-Gang. Die obligatorische Frage „Kann jemand die Rechnung absetzen?“ Klar, können wir. Einfach den QR-Code unten auf der Rechnung mit der Tagwerk-App scannen und schwuppdiwupp ist ein eBewirtungsbeleg an den Steuerberater übermittelt worden. So käme das Wort Quittung auch seiner Ursprungsbedeutung wieder näher: lat. quitte heißt nämlich „frei von Schuld sein“ und nicht, dass Belege zu viel Platz auf dem Schreibtisch und im Kopf belegen. Denn dort ist schließlich der Raum für kreatives Chaos.
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