Ich sitze an meinem gediegenen Schreibtisch mit Blick auf die Elbe. Vor mir die Geschäftszahlen des letzten Jahres. Die Entwicklung sieht gut aus, aber um unsere Ziele zu erreichen müssen wir weiter wachsen. In Bereich IT sind wir gut aufgestellt – wobei es noch den Unsicherheitsfaktor Support gibt. Wenn in dem Bereich mehr Ressourcen belegt werden, als prognostiziert, müssen wir dort das Team noch mal verstärken – vielleicht zur Mitte des Jahres. Aber jetzt muss der Zuwachs erst mal im Marketingbereich erfolgen. Unser Ziel zum Ende des Jahres ist ehrgeizig aber zu schaffen – „Heute mal wieder Currywurst?“ – also brauchen wir zwei neue Planstellen für zwei Currywürste – Currywürste?! Mir geraten hier gerade zwei Realitätsebenen durcheinander. Der gediegene Schreibtisch verschwindet, die Elbe versiegt – stattdessen fließt jetzt wieder der Verkehr auf der Stresemannstraße. Was war jetzt mit der Currywurst – ach es ist Mittag, es ist Freitag und da lassen wir die Woche doch mal mit was Ungesunden ausklingen. Die neuen Mitarbeiter müssen sich bis nach dem Mittag gedulden.
Etwas träger sitzen wir jetzt wieder zusammen. Also 2014 kommen dann noch mal zwei Mitarbeiter im Marketing – Personalplanung für den Businessplan. Was als etwas unmotiviertes und totes Exceldokument angefangen hat, ist zu einem lebenden Gebilde geworden. Aus Zahlen sind plötzlich Geschichten geworden und aus Geschichten wieder Zahlen. Da sitzen wir auf den alten Sesseln, die wir mal für 100 € beim Höker um die Ecke gekauft haben (die ganze Garnitur versteht sich), haben kein Geld, keine Mitarbeiter, keine Räume aber eine Idee und einen Plan. Es fühlt sich schon ein bisschen komisch an, hier so zu sitzen und über die Zahl der Mitarbeiter zu diskutieren. Aber es funktioniert nur so. Erst wenn die Zahlen anfangen zu leben und ihre Geschichte bekommen, dann können wir auch eine Geschichte erzählen – und eine Geschichte müssen wir erzählen können, um einen Businessplan schreiben zu können. In dem Businessplan wird niemand diese Geschichte so finden. Die Geschichte stellt vielmehr die Verbindung zwischen den einzelnen Bereichen her. Da sind z.B. Marketingmaßnahmen für 2013 geplant, dafür kommen neue Mitarbeiter im Marketing und gleichzeitig ziehen die Nutzerzahlen an. Alles Fiktion, nichts real und trotzdem eine Geschichte, die stimmen könnte. Es ist etwas, das nur dann auffällt, wenn es fehlt. Wenn es da ist, wird es keiner merken, weil es stimmig ist.
Angefangen habe ich mit Zahlen, die ich erst mal angenommen hatte oder man könnte auch sagen – gewürfelt hatte. Wenn mich jemand dazu gefragt hätte, hätte ich gesagt: „Haben wir so angenommen“. Die nächste Frage nach dem Hintergrund der Annahme hätte ich nicht beantworten können. Beim Erstellen des Plans hat sich dann gezeigt, dass so manches doch nicht so funktioniert, wie geplant. Excel ist geduldig und rechnet alles aus – vom Millionengewinn in den ersten Monaten bis zu einem Geschäftsmodell, das mich wegen Insolvenzverschleppung vor Gericht bringen würde. Irgendwann findet man eine Gasse, in der Umsatz und Gewinn stimmen, wo Mitarbeiter, Aufwand und Kundenzahlen zusammenpassen jetzt kann ich jede Zahl begründen – jetzt brauche ich nur noch jemand, den es interessiert.
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